Aus der Schatzkammer des Wiener Musikvereins – mehr als Schall und Rauch

Am Donnerstag, dem 1. Dezember 2022, um 19:30 Uhr ist das Ensemble dolce risonanza im Brahmssaal des Wiener Musikvereins zu hören:

Frühbarocke Concerti und Symphoniae in italiänischer Manier  von Heinrich Schütz, Claudio Monteverdi und Andreas Rauch  stehen auf dem Programm, das von zwei wunderbaren Tenören, zwei Violinen, Orgel/Cembalo und Bass (Violone) gestaltet wird.

Nicht nur die Noten stammen großteils „aus der Schatzkammer“ des Archivs der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien; auch ein weltbekanntes Instrument aus der Sammlung des Archivs, das Cembalo Pisarensis, gebaut um 1546 (!) in Venedig, wird wieder erklingen. Weitere Details in der Monatszeitung des Musikvereins:

Musikfreunde Magazin – Dezember

Karten unter www.musikverein.at

 

Fake News 1683

Propaganda und Zensur hat schon immer die öffentliche Meinung bestimmt, nicht erst in Zeiten des Ukraine-Krieges. Schon 1683 anlässlich der Schlacht um Wien gab es bemerkenswerte Erlässe des Habsburger-Kaisers Leopold I., mit denen unbequeme Fakten  korrigiert werden sollten.

dolce risonanza widmet sich nicht nur der musikalischen Überlieferung der Türcken-Kriegszeit (mit Werken wie die „Fechtschule“ eines Heinrich Schmelzers oder der „Turcaria“ eines Johann Josef Fux), sondern auch zeitgenössischen Dokumenten.

Niemand geringerer als Hermann Beil wird diese Texte rezitieren.

Unbedingt hörenswert …
Details unter www.dolcerisonanza.at

was Gott tut, das ist wohlgetan …

Familie, Freunde und künstlerische Weggefährt*innen versammelten sich heute in der Wiener Piaristenkirche zum Gedenkgottesdienst für Alice Harnoncourt, der wunderbaren Geigerin und Frau des legendären Dirigenten Nikolaus Harnoncourt.

Musiker*innen des Concentus Musicus, geleitet von Stefan Gottfried, der Arnold Schoenberg Chor mit Erwin Ortner und meine Wenigkeit an der Orgel haben mit Musik von Mendelssohn, Bach und Schubert die Verabschiedung von Alice Harnoncourt gestaltet. Ihre Kinder haben Alices unvergleichlichen Geigenton und ihre Stimme ebenso hervorgehoben wie ihre Fähigkeit, als weiteres Instrument Nikolaus Harnoncourt gespielt haben zu können. Die Piaristenkirche mit ihren Fresken von Maulbertsch war jene Kirche, die prägend für die gesamte – in der Josefstadt wohnenden – Familie Harnoncourt war, die Verabschiedung war mehr als nur stringent. Eine Ära ist zu Ende gegangen … RIP.

Vor deinen Thron tret ich hiermit

Der Choral „Vor deinen Thron tret ich hiermit“ ertönte heute Nachmittag um 15 Uhr am Ende der Generalprobe des viel beachteten Opernprojekts Bartok/Orff mit Theodor Currentzis bei den Salzburger Festspielen. Carl Orff hat seine kontrapunktische Ausarbeitung des Chorals für Gambenquartett an das Ende seiner Oratorienoper „De fine temporum comoedia“  gesetzt. Meine Mitwirkung als Organist eröffnet mir eine Wiederbegegnung mit dem Operneinakter „Herzog Blaubarts Burg“ von Bela Bartok (einem Werk, das ich schon 2008 mit den Wiener Philharmonikern in Salzburg mitgestalten durfte) und dem Kennenlernen des mir völlig unbekannten Spätwerks von Carl Orff. Dessen zwingenden Rhythmen überwältigen gleichermaßen wie der archaische Text in griechischer, lateinischer und deutscher Sprache. Jüngstes Weltengericht, Verdammung oder Erlösung? Die widersprechenden Aussagen der Sybillen und Anachoreten münden in einem „pater peccavi“ des gefallenen Engels. Und – vor Deinen Thron tret ich hiermit!

Weitere Details: www.salzburgerfestspiele.at

Zeitgleich wurde wenige Kilometer von Salzburg entfernt Alice Harnoncourt im engsten Kreis der Familie das letzte Geleit gegeben. In den mittlerweile fast vier Jahrzehnten meiner musikalischen Aktivitäten war sie eine ganz besondere Bezugsperson für mich. Als Sänger im Arnold-Schoenberg Chor erlebte ich sie ab 1986 bei den vielen Konzerten und CD-Aufnahmen gleichermaßen als Geigerin am 1. Pult wie auch als Orchestermanagerin. Als ich dann Jahre später als Organist im Concentus musicus mitwirkte, war sie es, die mir das eine oder andere mal die direkte Sprache ihres Mannes verbindend und ausgleichend vermittelte. Es war mir eine besondere Ehre, den Totengottesdienst für Nikolaus Harnoncourt 2016 in der Wiener Piaristenkirche an der Orgel mitgestalten zu dürfen. Und: erst vor wenigen Wochen die Hochzeit eines Enkels von Alice Harnoncourt in der Pfarrkirche St. Georgen an der Orgel zu begleiten. Trauer und Freude sind so nah … Eine Ära ist nun definitiv zu Ende gegangen. RIP.

Orgel – Trompete – Evergreens

Mit Orgel-Trompete verbinden viele von uns einen barocken Klang, der dem Neo-Zeitgeist der 60er-Jahre entsprochen hat. Barocke Schlager wurden Allgemeingut durch Bearbeitungen von Maurice André, begleitet von Marie Claire Alain oder auch von meinem Orgellehrer, Univ.Prof. Alfred Mitterhofer. Spätestens mit der Originalklang-Bewegung der 70er/80er-Jahre des 20. Jahrhunderts hat dieses Konzert-Format dann mal so ziemlich ausgedient. Wenn heute zwei Musiker diese Kombination wieder versuchen, müssen sie schon beweisen, dass Musikalität auch unabhängig von historischen Instrumenten möglich ist, musikhistorische „Informiertheit“ jedoch unerlässlich ist.

Virtuose Barockmusik für Bläser und Streicher steht auf dem Programm dieses Konzertes. Doch allein, wo sind die Streicher abgeblieben? In Zeiten, als es noch keine Tonträger oder Radiogeräte oder gar Internet gab, war die Verbreitung von Musik nicht so leicht möglich. Raffinierte Arrangements für Tasteninstrumente boten seit dem 16. Jahrhundert die ideale Gelegenheit, Orchestermusik zu Gehör zu bringen – sei es auf dem Cembalo, dem Regal, dem Clavichord, der Orgel oder in späterer Zeit dem Klavier. Johann Sebastian Bach hat exemplarische Bearbeitungen von topaktuellen Violin- und Oboenkonzerten aus Italien (Vivaldi) für Orgel und Cembalo geschaffen. Die Streicherbegleitung der virtuosen Bläserpartien von Händel, Marcello, Albinoni und Vivaldi hat Anton Holzapfel in diesem Sinn bearbeitet.

Die Konzerttermine:

Fr., 3. Juni 2022, 19:30 Uhr Pfarrkirche Vöcklamarkt

Fr., 10. Juni 2022, 19:30 Uhr, Kurhauskirche Schärding

Karten zu 15 EUR jeweils an der Abendkasse. Aufgrund des limitierten Platzes in der Schärdinger Kurhauskirche bitte um Reservierung per E-mail info@antonholzapfel.at. Karten müssen bis 19.00 an der Abendkasse abgeholt werden, ansonsten kann die Verfügbarkeit nicht garantiert werden.

Ostern 2022 – Leiden – Trost – Alleluja

In tempore belli – In Zeiten der Krieges lautet der Titel der auch als Pauken-Messe von Joseph Haydn bekannten Messe, die er 1796 angesichts des Italien-Feldzugs des französischen Kaisers komponiert hat. Haydn eröffnet mit einem Paukenwirbel im „Agnus Dei“ programmatisch die Friedensbitte des „Dona nobis Pacem“ ein, das martialisch von Feldtrompeten eingeleitet wird. Diesem Friedenswünsch können wir uns zu Ostern 2022 angesichts des Krieges und Leidens  in der Ukraine nur anschließen. 
Eine Aufnahme von Nikolaus Harnoncourt und dem Schönberg Chor bringt dieses innigliche Flehen ganz besonders stark zum Ausdruck.
 
Joseph Haydn hat in seinen kirchenmusikalischen Werken die gesamte Bandbreite der Gefühle, von Trauer und Freude, Glück und Verzweiflung ausgelotet.
Auch die „Sieben letzten Worte“ zeigen Haydns souveränen Umgang mit Affekten.
In memoriam meiner Anfang März 2021 verstorbenen Frau habe ich am Karfreitag 2021 dieses Werk in der Fassung für Hammerklavier in einem live gestreamten Gottesdienst in der Konzilsgedächtniskirche in Wien Speising/Lainz aufgeführt. 
Hier zwei musikalische Impressionen davon:
 
 
Dass nach Leiden und Tod die Auferstehung kommt, ist zentrale Aussage des christlichen Glaubens. So freue ich mich, zu Ostern 2022 zwei Ostergottesdienste mitgestalten zu dürfen, wo Mozarts Orgelsolomesse (St. Martin, Mistelbach) und Krönungsmesse (Kurhauskirche Schärding) zur Aufführung kommen.
Schade , dass immer weniger Menschen diese Wirkung von Musik und Raum aufnehmen wollen.
Franz Schuh schreibt im Vorwort zur Musikreihe 2022 in der Kurhauskirche Schärding (einem Ort, wo er öfter zu verweilen pflegt…):
Viva  la musica – Bekenntnisse eines Unmusikalischen
Der Dreiklang von höchster Kunst und von Sommer und Meer, also von Natur und Kunst und von Liebe (angesichts einer Freiluftaufführung eines Brandenburgischen Konzertes im Garten einer Villa in Istanbul), diese Anordnung im Freien und im Luxus erschüttert mich. Mit Worten angesprochen, verrät meine auratische Erfahrung vom Bosporus durchaus die Verwandtschaft von Kunst und Kitsch. Aber die „echte“ Beflügelung der Seele kann man mir nicht ausreden. Von da an war mir klar, dass Musik unverzichtbar sein muss, weil sie überhaupt möglich ist und in dieser Welt da sein kann.
 
Ich freue mich, dass ich soviel Musik gestalten kann.
 
ein frohes Osterfest wünscht
 
Anton Holzapfel